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Header-Grafik der Interviewreihe „PR im Dialog: 12 Meinungen zur Zukunft der PR“. Ausgabe 06/12 mit Julia Voelzke, Head of Global Media Relations & Reputation Management bei Rhenus Logistics, mit Portraitfoto.

PR im Dialog #06/12: Julia Völzke (Rhenus Logistics)


Christina Eurich

Sep 6, 2025

In dieser Ausgabe von „PR im Dialog 2025“ spricht Julia Völzke, Head of Global Media Relations & Reputation Management bei Rhenus Logistics, über CommTech, qualitative Medienanalysen und eine Krisenreaktion, die sie besonders beeindruckt hat.

1. Was war Ihr persönliches PR-Highlight im ersten Halbjahr 2025?

Mein persönliches Highlight war dieses Jahr nicht aus unserem eigenen Unternehmen, sondern eine Kampagne eines anderen Unternehmens und zwar aus einer echten Krisensituation heraus:

Ich glaube, es hat jeder mitgekriegt, was bei dem Coldplay Konzert mit dem CEO von Astronomer und der Chief of HR passiert ist. Innerhalb kürzester Zeit kursierten Memes und Kritik auf allen Plattformen. Besonders beeindruckt hat mich, wie das Unternehmen darauf reagiert hat: Statt direkt auf den Vorfall einzugehen, nutzte es Gwyneth Paltrow, die Ex-Partnerin von Chris Martin, für eine humorvolle, smarte Kampagne.

Das war aus meiner Sicht ein krisenkommunikativer Geniestreich. Statt defensiv zu reagieren, hat man die eigene Marke in den Fokus gerückt, das Narrativ neu besetzt und den Shitstorm elegant abgekürzt. Zumindest in meinem Feed war die Debatte schnell wieder verschwunden, was selten der Fall ist.

2. Gab es etwas, das Sie in Ihrer Rolle als Kommunikatorin im ersten Halbjahr überrascht oder zum Umdenken gebracht hat?

Richtig überrascht wurde ich nicht, aber stark zum Nachdenken gebracht hat mich der Bereich CommTech.

Ich war dieses Jahr auf einer Konferenz, auf der sehr konkrete Anwendungen vorgestellt wurden, z.B. Medientrainings mit KI-Unterstützung. Tools, die Sprechgeschwindigkeit, Kernbotschaften, Füllwörter und Auftreten analysieren und automatisiert Feedback geben.

Was mich dabei beeindruckt hat, ist die Geschwindigkeit der Entwicklung. Ich war im Vorjahr auf derselben Konferenz und was innerhalb eines halben Jahres passiert ist, ist beachtlich.

Diese Dynamik bringt aber auch Herausforderungen mit sich. Denn je größer das Unternehmen, desto mehr Vorlauf brauchen Veränderungen. Es stellt sich die Frage: Wenn wir heute ein Tool einführen, ist es in sechs Monaten überhaupt noch relevant?

Gerade in großen Unternehmen braucht es Zeit und Lernbereitschaft, um neue Technologien sinnvoll zu integrieren.

3. Welche Themen werden Ihrer Einschätzung nach die Kommunikationsarbeit in den nächsten Monaten prägen?

Generative KI bleibt das zentrale Thema. Aber nicht in Form von Buzzwords, sondern im konkreten Einsatz.

Wenn wir nicht einfach nur mit KI arbeiten, um zu sagen, dass wir mit KI arbeiten, sondern es so einsetzen, dass es effizient wird, dann eröffnet das viele Möglichkeiten.

Für mich sind zwei Aspekte besonders wichtig:

  • Qualitative Medienanalyse: Wir reden oft über Reichweite oder Tonalität, aber was ist mit inhaltlicher Tiefe, Kontext oder Emotionen? Hier bietet KI viel Potenzial, gerade im Hinblick auf Reputationsmanagement und Stakeholder-Insights.
  • Mehr Zeit fürs Menschliche: Wenn KI uns operative Aufgaben wie Clippings, Reportings oder Toolpflege abnimmt, können wir uns wieder stärker aufs Menschliche konzentrieren. Im Bereich der Media Relations bedeutet das: echte Gespräche führen, Themen vordenken, Journalist:innen besser verstehen.

Aktuell fehlen vielen Kommunikator:innen dafür schlicht Zeit und Raum. KI könnte helfen, uns diese zurückzugeben, damit wir wieder stärker „Kommunikation machen“ können und nicht nur Abläufe verwalten.

4. Angenommen, Ihr Team hätte ab morgen keinen Zugang mehr zur Meltwater-Plattform. Was würde Ihnen im Arbeitsalltag am meisten fehlen?

Kurz gesagt: Wir wüssten nicht mehr, was über uns gesprochen wird oder ob überhaupt.

Gerade in einem international tätigen Unternehmen wie der Rhenus Gruppe ist es unmöglich, alles manuell zu erfassen. Ohne eine Plattform wie Meltwater könnten wir Medienberichterstattung in vielen Regionen gar nicht mehr zuverlässig tracken.

Es würde uns an Belegmaterial für das Management fehlen, an Daten für Erfolgsmessung, an Argumenten für Kommunikationsmaßnahmen.

Konkret: Wir könnten nicht mehr spontan zeigen, wie eine Kampagne im Ausland performt hat. Wir würden nicht mehr rechtzeitig erfahren, wenn Wettbewerber in den Medien auftauchen. Und wir müssten auf viele Routinen wie unseren morgendlichen Pressespiegel verzichten.

Über Julia Völzke

Julia Völzke, Head of Global Media Relations & Reputation Management bei Rhenus Logistics

TBA